#savesocial

10 Forderungen für ein demokratisches Internet

Immer deut­li­cher fällt in den letz­ten Mona­ten auf, wie abhän­gig unse­re demo­kra­ti­sche Öffent­lich­keit von den Platt­for­men Chi­ne­si­scher und US-Ame­ri­ka­ni­scher Kon­zer­ne ist. Die Initia­ti­ve #save­so­cial will das ändern. Hun­dert Pro­mi­nen­te und inzwi­schen über 150.000 Men­schen unter­stüt­zen die Forderungen.

Es ist nicht mehr ganz leicht zusam­men­zu­fas­sen, was im Inter­net gera­de alles schief läuft: 

  • Weni­ge US-ame­ri­ka­ni­sche und chi­ne­si­sche Tech-Kon­zer­ne kon­trol­lie­ren die Infor­ma­ti­on und öffent­li­che Debat­te im digi­ta­len Raum. Nut­zer müs­sen per­sön­li­che Daten preis­ge­ben, um Zugang zu Platt­for­men zu erhal­ten. Intrans­pa­ren­te Algo­rith­men fil­tern Inhal­te nach Auf­merk­sam­keits­öko­no­mie, ohne Gemein­wohl­ori­en­tie­rung oder jour­na­lis­ti­sche Qua­li­täts­an­sprü­che. Hass, Häme, Het­ze und Des­in­for­ma­ti­on zer­set­zen Demo­kra­tien und gefähr­den Men­schen. Unab­hän­gi­ge Medi­en ver­lie­ren Zuschau­er und Finan­zie­rungs­grund­la­gen, da Big-Tech-Kon­zer­ne den Groß­teil der Wer­be­ein­nah­men vereinnahmen.
  • Jour­na­lis­ten und Medi­en­un­ter­neh­men müs­sen sich den Platt­for­men und deren Algo­rith­men unter­ord­nen. Auch ein­zel­ne Krea­ti­ve gera­ten in wach­sen­de Abhängigkeit.
  • Gene­ra­ti­ve KI ver­rin­gert den Anreiz, Ori­gi­nal­quel­len zu besu­chen, da KI-gestütz­te Such­ma­schi­nen Inhal­te zusam­men­fas­sen. Die­se Pro­zes­se sind intrans­pa­rent und kön­nen den Tenor oder Aus­sa­gen ver­än­dern, oft unter Urhe­ber­rechts­bruch. KI-Diens­te fes­ti­gen die Domi­nanz der Platt­form­kon­zer­ne und mar­gi­na­li­sie­ren jour­na­lis­ti­sche Medi­en weiter. 
  • Das freie Inter­net wird von Big-Tech-Mono­po­len über­nom­men, was zu einer Kon­zen­tra­ti­on von Mei­nungs­macht führt. Die­se Domi­nanz gefähr­det die Demokratie.

Eine brei­te Alli­anz von bekann­ten Men­schen, von Digi­tal-Fach­leu­ten, Journalist*innen, Künst­le­rin­nen und Künst­lern und Wissenschaftler*innen hat des­halb die Akti­on „Sozia­le Netz­wer­ke als demo­kra­ti­sche Kraft ret­ten“ ins Leben gerufen.

Die 10 Forderungen

  1. „Wir stär­ken Alter­na­ti­ven mit guten Inhal­ten“ – Öffent­li­che Stel­len sol­len ver­pflich­tet wer­den, alter­na­ti­ve, demo­kra­ti­sche Netz­wer­ke im Fedi­ver­se zumin­dest auch zu nutzen.
  2. „Wir stär­ken Alter­na­ti­ven struk­tu­rell“ – Öffent­li­che Stel­len sol­len dafür auf in den offe­nen Netz­wer­ken min­des­tens den glei­chen Auf­wand trei­ben wie auf den Konzern-Plattformen.
  3. „Wir inves­tie­ren in die Ent­wick­lung und Nutz­bar­keit von Alter­na­ti­ven“ – Der Staat soll die Ent­wick­lung der tech­ni­schen Grund­la­gen der offe­nen Netz­wer­ke finan­zi­ell fördern.
  4. „Wir ermög­li­chen gemein­wohl­ori­en­tier­te Ange­bo­te“ – Offe­ne Netz­wer­ke sol­len als gemein­nüt­zig steu­er­lich geför­dert werden.
  5. „Wir ver­bes­sern die Medi­en­bil­dung“ – Bil­dungs­an­ge­bo­te sol­len einen Fokus auf den Umgang mit den offe­nen Netz­wer­ken legen.
  6. „Wir schaf­fen Viel­falt und Trans­pa­renz“ – Der Markt­an­teil der Platt­for­men soll begrenzt werden.
  7. „Wir öff­nen Platt­for­men“ – Die Platt­for­men müs­sen eben­falls die frei­en Stan­dards nut­zen, um kom­pa­ti­bel zu den offe­nen Netz­wer­ken zu sein.
  8. „Wir ermög­li­chen Sicht­bar­keit“ – Aus­ge­hen­de Links dür­fen von den Platt­for­men nicht wei­ter benach­tei­ligt werden.
  9. „Wir geben Com­mu­ni­ties eine ech­te Stim­me“ – Die Platt­for­men müs­sen sich gegen Des­in­for­ma­ti­on engagieren.
  10. „Wer Geld mit Inhal­ten ver­dient, muss Ver­ant­wor­tung über­neh­men“ – Die Platt­for­men sol­len nicht län­ger so tun als sei­en sie neu­tra­le Vermittlungsstellen. 

Ich unterstütze die Forderungen

Die Initia­ti­ve fasst vie­le Pro­ble­me zusam­men, die mich teil­wei­se schon lan­ge beschäf­ti­gen und die For­de­run­gen erschei­nen mir eben­falls sehr gut. 

Das meis­te, was wir über die Welt wis­sen, wis­sen wir aus Medi­en. Wir brau­chen eine funk­tio­nie­ren­de, demo­kra­ti­sche media­le Öffent­lich­keit, in der seriö­ser Jour­na­lis­mus einen pri­vi­le­gier­ten Platz hat.

Ein wich­ti­ger Fak­tor dabei sind die Inter­me­diä­re – die Platt­for­men, die Men­schen und Inhal­te zusam­men brin­gen. Bis­lang haben die ein Haf­tungs­pri­vi­leg, weil sie behaup­ten, kei­ne Ver­ant­wor­tung für das zu haben, was Men­schen pos­ten. In der Anfangs­zeit mag das eine ver­tret­ba­re Ansicht gewe­sen sein. Als Social Media noch Social Media war und das Funk­ti­on hat­te, Men­schen mit Men­schen zu ver­net­zen. Damals gab es eine Time­line, die so hieß, weil sie stumpf chro­no­lo­gisch anzeig­te, was die Leu­te gespos­tet haben, mit denen man sich ver­netzt hat. 

So funk­tio­nie­ren die­se Platt­for­men aber nicht mehr. Algo­rith­men, die Inhal­te selbst­stän­dig aus­wäh­len, gibt es schon län­ger aber mit dem Erfolg des Feeds bei Tik­Tok, sind auf allen Platt­for­men die mensch­li­chen Kon­tak­te unwich­tig gewor­den. Ich bezeich­ne die­se Platt­for­men des­we­gen auch nicht mehr als „Social Media“ oder „Sozia­le Netz­wer­ke“, son­dern als Entertainment-Apps. 

Men­schen pos­ten dort Inhal­te und die Platt­for­men ent­schei­den, wer die sehen soll. Das pas­siert, opti­miert nach Nut­zungs­zeit. Die Men­schen sol­len mög­lichst viel Zeit in den Apps der Platt­for­men ver­brin­gen, weil man ihnen dann mehr Rekla­me anzei­gen kann. Mehr Rekla­me bedeu­tet mehr Pro­fit für die Plattform. 

Den Platt­for­men wäre sehr ger­ne egal, wel­che Inhal­te sie den Leu­ten anzeigt – Haupt­sa­che, sie blei­ben am Bild­schirm. Es ist aber ihr Algo­rith­mus, der die Inhal­te kura­tiert. Die Platt­for­men soll­ten nicht für die Inhal­te der Men­schen ver­ant­wort­lich sein, son­dern für die Reich­wei­te, die die Platt­for­men den Inhal­ten geben.

Es ist die Fra­ge, ob man mit X, Tik­Tok und Face­book heu­te noch einen Ara­bi­schen Früh­ling orga­ni­sie­ren könn­te, oder ob das The­ma zu schlecht für die Scre­en­ti­me wäre. Die Leu­te sol­len nicht auf die Stra­ße gehen, son­dern am Bild­schirm bleiben!

Die För­de­rung der alter­na­ti­ven, offe­nen Netz­wer­ke hal­te ich für eine super Idee. Bei der demo­kra­ti­schen Ein­he­gung der Kon­zern-Platt­for­men wür­de ich wei­ter gehen, könn­te da aber gera­de auch kei­ne kon­kre­ten For­de­run­gen for­mu­lie­ren. Des­we­gen habe ich die For­de­run­gen von #save­so­cial mit­ge­zeich­net.

Im Übri­gen bin ich der Mei­nung, dass die Mono­po­le zer­schla­gen wer­den müssen.

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  1. Avatar von Peter

    wenn sich ein Lin­ker eines Sat­zes bedient, der von einem der größ­ten Kriegs­ver­bre­cher der Geschich­te kommt, um die Mono­po­le zu zer­schla­gen, dann sagt dass viel über die Ideo­lo­gie aus.

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